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Chefs, die nie zu sprechen sind "Och, diese Woche ist es ganz schlecht..."

Am besten läuft's auf der Arbeit, wenn sich der Chef raushält. Aber manchmal muss man doch ein Wort mit ihm wechseln. Dann wird es knifflig. Denn er wäre ja nicht Chef, wenn er für jeden Dahergelaufenen Zeit hätte.
Typisch Chef: So gefragt, dass er einfach keine Zeit hat

Typisch Chef: So gefragt, dass er einfach keine Zeit hat

Foto: Corbis
Zum Autor

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch "Ich will mich aber aufregen!". Autor Matthias Nöllke (Jahrgang 1962) ist Vortragsredner, Journalist und schreibt Sachbücher, zum Beispiel zur Frage, was sich Manager von der Natur abgucken können ("Von Bienen und Leitwölfen").

Eine bewährte Faustregel im Arbeitsleben lautet: Je weniger sich der Chef blicken lässt, umso besser läuft die Sache. Für viele ist die schönste Zeit im Jahr gar nicht ihr Urlaub, der ja meist sowieso grauenhaft wird. Sondern wenn der Chef verreist ist, auf irgendwelchen Kongressen rumsitzt oder mit kostspieligen Events für Top-Entscheider ruhig gestellt wird. Dann kommen wir auf die besten Ideen und können ungestört unserer Arbeit nachgehen.

Aber manchmal, da musst du deinen Chef eben doch mal sprechen: weil du eine Entscheidung brauchst. Er soll sagen, was gemacht wird, ehe du die Sache so oder so an die Wand fährst. Dann hängt er mit drin, und nur dann kann die Angelegenheit wie üblich vertuscht werden. Vielleicht willst du aber auch mehr Gehalt, Sympathiepunkte sammeln, Kollegen schlechtmachen oder einfach zeigen, dass du noch existierst. Im Unterschied zu den meisten anderen in deiner Gehaltsklasse.

Kometenschweif von Störern

Doch genau dann, wenn du ihn sprechen willst, kommst du an deinen Chef nicht mehr heran. Sogar wenn er Zeit hat, in seinem Chefbüro sitzt und nur darauf wartet, dass ihn endlich mal jemand stört, ist er nicht zu sprechen. Denn das zeichnet einen richtigen Chef aus: dass ihn dauernd jemand stört und sprechen will. Einen richtig bedeutsamen Chef erkennst du daran, dass er einen langen Kometenschweif von Leuten hinter sich herzieht, die ihn alle stören und sprechen wollen.

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Damit sich so ein Kometenschweif überhaupt bilden kann, müssen die Leute hingehalten und gewissermaßen aufgestaut werden. Dafür zuständig ist die Chefsekretärin, die man heute "Assistentin" nennt. Mit der musst du einen Termin vereinbaren, einen Termin mit deinem Chef. Und das geht natürlich nicht, ohne dass Sätze gesagt werden wie: "Oh, diese Woche ist ganz schlecht. Alles total dicht. Es ist aber auch wirklich schlimm. Uh, mal sehen, wann wieder was frei ist..." Diese Terminvereinbarung soll vor allem eines klarstellen: Du hast immer Zeit, dein Chef nie. Am Ende hast du deinen Termin, den die Chefsekretärin immer noch irgendwo reingefriemelt hat. Sei aber bloß pünktlich.

Selbstverständlich lässt dich dann dein Chef noch warten. Je länger desto Chef. Besser noch: Er lässt den Termin platzen. Ihm ist noch etwas dazwischengekommen. Am besten aber: Er hat die Sache einfach vergessen. Dabei hat ihn die Assistentin noch extra daran erinnert. Aber er hat so viel um die Ohren, der Wahnsinn, da gehen immer mal ein paar Termine verloren. Und zwar mit Leuten wie dir.

Schwindelerregend gefragt

Durch die verschleppten Termine sind immer mehr Leute hinter deinem Chef her. Der fühlt sich immer wichtiger und lässt noch mehr Termine platzen. Bis sich eine richtige Monsterwelle von Gesprächswünschen vor ihm auftürmt. Und genau darum geht es: um das Gefühl, schwindelerregend gefragt zu sein.

Dagegen kommst du nicht an. Chefs genießen so was. Manche von ihnen werden nur deswegen überhaupt Chef. Denn es ist das Einzige, was sie wirklich gut können: dass sie einfach nicht zu sprechen sind.

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